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Statt Stuttgart 21 - mehr Bahn in NRW und für Dortmund endlich ein neuer Hauptbahnhof

Antworten der Bundestagsabgeordneten Bülow, Kurth und Fritz 

Sehr geehrter Herr Redicker,

vielen Dank für Ihren Brief zum Thema Stuttgart 21 (S21), in dem Sie wichtige Punkte dieses Bahnprojekts und Folgen für Dortmund und das gesamte Ruhrgebiet ansprechen. Ich möchte Ihnen zunächst meine Einschätzungen zum Projekt S21 geben und danach die Auswirkungen auf das Ruhrgebiet und die Stadt Dortmund schildern.

Ich stehe dem Projekt S21 auch kritisch gegenüber. Natürlich ist ein Ausbau der Bahninfrastruktur zu begrüßen, dies ist in diesem Fall aber anders zu bewerten.

Grundsätzlich sind bei der Planung von S21 wichtige Dinge versäumt worden. Die höhere Transparenz und Bürgerbeteiligung bei einem Bauprojekt solchen Ausmaßes waren von Beginn an eine wichtige Maßnahme gewesen. Leider hat die Landesregierung in Baden-Württemberg versäumt, die Bürgerinnen und Bürger über Jahre in diesen Prozess mit einzubeziehen.

Die Schlichtungsgespräche zu S21, die diese Woche zu Ende gegangen sind, waren ein erster wichtiger Schritt, da hier die Befürworter und die Gegner an einen Tisch geholt wurden und auch die S21-Gegner zum ersten Mal in der Öffentlichkeit ihre Argumente vorbringen konnten. Leider kam diese Initiative viel zu spät. Ich hoffe, dass die Diskussion um mehr Transparenz und eine verstärkte Einbindung der Bürgerinnen und Bürger bei Großprojekten folgenreich sein wird. Auch wenn die Alternative der S21-Gegner, also die Erweiterung des bestehenden Kopfbahnhofs K:21, nun wohl nicht umgesetzt werden.

Die Baden-Württembergische SPD hat angekündigt, im Falle einer Regierungsbeteiligung nach den Landtagswahlen im März 2011 ein Volksentscheid für S21 zu erwirken. Demnach soll bis zu einer Volksabstimmung über das Projekt ein Baustopp erreicht werden, und über Kostenentwicklungen und Planungsstände sollen seitens der Bahn und dem Land Baden-Württemberg umfassend informiert werden. Die SPD-Bundestagsfraktion unterstützt diese Position (Anlage). Die Politik muss sich in Zukunft mit der Frage auseinandersetzen, wie man generell eine höhere Bürgerbeteiligung bei Großprojekten sicherstellen kann. Dazu hat der Ministerpräsident von Rheinland-Pfalz, Kurt Beck, den konkreten Vorschlag einer ,,Absichtsbürgerbeteiligung" gemacht. Dabei sollen Großprojekte in Phasen eingeteilt werden, bei denen die Bürgerinnen und Bürger jeweils entscheiden sollen, ob sie für oder gegen ein bestimmtes Projekt sind. Auch bei extremen Kostenabweichungen sollen Volksentscheide über den weiteren Verlauf eines Bauprojektes entscheiden. Ich halte dies für gute, erste Ideen.

Lassen sie mich aber auch noch einmal auf die konkreten Baumaßnahmen und die Finanzierung von S21 eingehen. Bei dem Projekt S21 spielt - neben der Realisierung des neuen Bahnhofs in Stuttgart - aus meiner Sicht die Finanzierung der Neubaustrecke (NBS) Wendlingen-Ulm eine entscheidende Rolle. Die NBS weist derzeit mehr als 60 Kilometer eingleisige Tunnelröhren auf, 50 Brücken und eine maximale Höhe im Scheitelpunkt von über 150 Metern gegenüber der bestehenden Bahnstrecke auf. Dies macht sie aus Sicht der S21-Gegner für den normalen Güterverkehr ungeeignet und unwirtschaftlich.

Die Finanzierung der Neubaustrecke Wendlingen-Ulm ist ein entscheidender Punkt bei der Realisierung des Gesamtprojekts S21. So hat der Bundesrechnungshof im Jahr 2008 Gesamtkosten von 5,3 Milliarden Euro prognostiziert – unabhängige  Planungsbüros sogar zwischen 6,9 und 8,7 Milliarden Euro. Angesichts dieser Zahlen scheinen die Kostenkalkulationen der Bahn von derzeit 4,1 Milliarden Euro aIs nicht realistisch.

Der Schlichterspruch von Heiner Geißler hat nun unter dem Titel ,,Stuttgart 21-Plus" weitere Verankerungen an verschiedenen Punkten des Projekts vorgeschlagen. Zum einen fordert er ein neuntes und zehntes Gleis beim unterirdischen Bahnhof in Stuttgart und einen Stresstest, der die Belastung des Bahnhofs testen soll.
Ob diese neuen Forderungen die finanziell gesteckte Obergrenze des Projekts von 4,5 Milliarden Euro überschreiten, muss nun geklärt werden. So sieht die Baden-Württembergische Verkehrsministerin Tanja Gönner diese Obergrenze nicht in Gefahr. Andere Gruppen, vor allem die Bürgerbewegungen gegen S21, sehen in den Maßnahmen weitere Mehrkosten von über 500 Millionen bis 1 Milliarde Euro. Das würde das gesamte Projekt noch teurer machen. Ich frage mich, wie viel Geld dann noch für andere Projekte in Deutschland, speziell auch in Dortmund, übrig bleibt. Ich bin auch sehr gespannt, ob die Forderungen von Herrn Geißler überhaupt Gehör finden oder nicht doch noch in Frage gestellt werden. Der Bundesverkehrsminister Ramsauer hat sich ja noch nicht zur Finanzierung geäußert.

Folgen für das Ruhrgebiet und Dortmund

Die Folgen für das Ruhrgebiet und auch für Dortmund sind immens. Während sich der Stuttgarter Bahnhof auch jetzt schon in einem akzeptablen Zustand befindet, ist der Dortmunder Hauptbahnhof in einem katastrophalen Zustand. Seit Jahrzehnten ist der Bahnhof den Dortmunder Bürgerinnen und Bürgern ein Dorn im Auge. Die rein äußerlichen Sanierungen der Eingangshalle, die mehr einer ,,Verschönerung" als einer wirklichen Neugestaltung gleichkommen, reichen bei weitem nicht aus. Wir brauchen dringend Investitionen in die Schienenstruktur in Dortmund und auch um überall einen barrierefreien Zugang zu den Gleisen zu gewähren.

Die Milliarden, die nach Stuttgart fließen, verhindern auch weitere wichtige Infrastrukturprojekte im Ruhrgebiet, dem bevölkerungsreichsten Gebiet Deutschlands. Hier wird dringend eine Alternative zur völlig überlasteten A40 quer durch das Ruhrgebiet benötigt. Dies soll der von Ihnen angesprochene Rhein-Ruhr-Express (RRX) realisieren. Eine aus meiner Sicht längst überfällige Maßnahme, die nun aufgrund von Geldmangel der Bahn aufs Abstellgleis gestellt wurde. Wann und ob der RRX nun kommt, bleibt derzeit fraglich. Inwieweit nun die eventuell entstehenden Mehrkosten für Stuttgart 21-Plus das Ruhrgebiet belasten, muss noch geprüft werden. Ich versichere Ihnen, dass sich die Abgeordneten aus NRW dafür einsetzten, dass Nordrhein-Westfalen nicht noch mehr darunter leiden wird.

In Gesprächen und Anfragen an die DB AG und dem Bahnhofsmanagement in Dortmund habe ich bereits in den letzten Monaten die Themen des nötigen Bahnhofsumbaus und Einführung des RRX angesprochen. Auch habe ich mich an einer Anfrage an die Bundesregierung mit weiteren SPD-Bundestagsabgeordneten beteiligt, um Antworten zu den Projekten in Nordrhein-Westfalen zu bekommen. Eine Antwort steht derzeit noch aus. Ich werde Sie aber darüber informieren, sobald ich eine Antwort bekommen habe.

Außerdem habe ich mich in diesem und dem vergangenen Jahr verstärkt um den Zustand der S-Bahnhöfe im Dortmunder-Westen gekümmert, die vielerorts renovierungsbedürftig sind. Hier ist es nach mehreren Ortsbegehungen mit Vertretern des Bahnhofsmanagements zu Verbesserungen gekommen - auch wenn an vielen Stationen noch Maßnahmen folgen müssen.

Abschließend kann ich sagen, dass ich das Thema der Verkehrspolitik in und um Dortmund weiterhin verfolgen und mich auch in Berlin für eine Verbesserung der Dortmunder Situation einsetzten werde.

Für weitere Fragen stehe ich Ihnen gerne zur Verfügung.

Mit freundlichem Gruß

Marco Bülow

Bürgerbüro Dortmund:
Bürgerbüro Marco Bülow
Große Heimstraße 72
44137 Dortmund
Tel: 0231/476699-0
Fax: 0231/476699-1
marco.buelow@wk.bundestag.de
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E-Mail vom 18.11.2010
Sehr geehrter Herr Redicker,

vielen Dank für ihren Brief, in dem sie das Projekt Stuttgart 21 kritisieren und auf die Folgen für NRW hinweisen.

Wir teilen diese Kritik voll und ganz!

Herr Kurth setzt sich seit geraumer Zeit immer wieder für den Umbau des Dortmunder Hauptbahnhofes ein.
Ein besonderes Augenmerk liegt dabei auf der Herstellung der Barrierefreiheit an Bahnhöfen.

Da die Situation an vielen Bahnhöfen in NRW ähnlich ist hat Herr Kurth die Kampagne "Markus macht mobil" für barrierefreie
Bahnhöfe in NRW gestartet. Infos zur Kampagne finden sie hier:
http://www.markus-kurth.de/themenordner/kampagne_markus_macht_mobil/index.html

Auch in Dortmund hat es bereits eine Kampagnenaktion gegeben.

In der Kampagne wird explizit der Zusammenhang zu Stuttgart 21 hergestellt - für dieses Geld könnten viele kleine und große Bahnhöfe
saniert und umgebaut werden.

Falls sie weitere Fragen haben, können sie sich gerne an mich wenden.

Mit freundlichen Grüßen
Dagmar Greskamp, Wahlkreismitarbeiterin
--
Wahlkreisbüro
Markus Kurth MdB
Bundestagsfraktion Bündnis 90/DIE GRÜNEN
Ruhrallee 44
44139 Dortmund
Tel: 0231/5574660
Fax: 0231/5574661
Web: www.markus-kurth.de

Berlin, den 03.11.2010
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Sehr geehrter Herr Redicker,

für Ihr Schreiben zum Thema Stuttgart 21 und Bahnverkehr in Dortmund und NRW danke ich Ihnen.

Deutschland verdankt seine Wettbewerbsfähigkeit und seinen Wohlstand maßgeblich seiner hervorragenden Infrastruktur. Diese Infrastruktur muss erhalten und ausgebaut werden. Zu den Infrastrukturprojekten von nationaler Bedeutung gehört auch das Projekt "Stuttgart 21", mit dem in der baden-württembergischen Landeshauptstadt ein unterirdischer Durchgangsbahnhof entstehen und - unter Einbeziehung des Stuttgarter Flughafens - an eine neue ICE Strecke zwischen Wendlingen und Ulm angeschlossen werden soll.

Mit der Umsetzung dieses Projekts wird eine bedeutende Lücke in der wichtigen europäischen Eisenbahnachse Paris-Stuttgart-Wien geschlossen. Zugleich erhält die Landeshauptstadt eine große städtebauliche Chance. Beim Bau des heutigen Bahnhofs wurde Stuttgart in seiner Mitte zerteilt. Mit "Stuttgart 21" kann dies nun rückgängig gemacht werden: Die Stadt erhält zusätzliche Entwicklungsräume und durch eine beträchtliche Erweiterung des Schlossgartens und des Rosensteinparks eine neue "grüne Lunge". Bei Stuttgart 21 geht es allerdings nicht allein um Stuttgart, sondern es geht um eine große europäische Verkehrsentwicklung, von der nicht nur die Zukunft unseres Landes, sondern auch die Zukunft Europas abhängt.

Die Entscheidungen im Zusammenhang mit "Stuttgart 21" hat man sich nicht leicht gemacht. Vielmehr ist über zehn Jahre hinweg das Projekt intensiv erörtert worden: 60 Varianten wurden in diesem Zeitraum geprüft und als unzweckmäßig verworfen, bis die heute gültige Fassung feststand. Für die von den Gegnern des Projekts eilig vorgeschlagene "Alternative" gibt es hingegen keine Planung und keine Finanzierung.

Der dringend notwendige Ausbau der Infrastruktur im Raum Stuttgart würde auf unbestimmte Zeit aufgeschoben: Baden-Württemberg, das dank seiner starken Wirtschaft und Bildung einer der Wachstumsmotoren unseres Landes ist, würde vom Verkehr abgehängt. Seitdem im Jahre 1995 der Grundsatzbeschluss zu "Stuttgart 21" getroffen worden ist, stand da

Vorhaben mehrmals auf der Tagesordnung der betroffenen Parlamente. Auch die baden-württembergischen Sozialdemokraten haben dem Projekt im Stuttgarter Landtag zugestimmt.

Widersprüche prägen auch die Haltung der Grünen zur Modernisierung unseres Landes: Sie sind gegen das Auto und mit "Stuttgart 21" zugleich gegen ein Bahnprojekt, durch das sich pro Jahr eine Milliarde Pkw-Kilometer und 175.000 Tonnen C02 einsparen lassen.

In der Hoffnung diese Informationen sind für Sie hilfreich gewesen, verbleibe ich
mit freundlichen Grüßen

Erich G. Fritz

Dortmund, 02.12,2010

Stand: 13.12.2010
     

   
 
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