Der Verkehrsclub für alle
   Suchen Suche
    Stadtfairkehr DO-UN > 2012 Herbst

Stadtfairkehr Nr. 30 - Herbst/Winter 2012 - Seite 1,2

Auf schnellen Wegen in die Zukunft

Radverkehrsförderung muss mehr sein als ein Schnellweg von Duisburg nach Hamm - sinnvoll ist die Strecke trotzdem. Öffentliche Diskussion bleibt wichtig

Der Radverkehr im Ruhrgebiet bzw. der „Metropole Ruhr" fristet nach wie vor eher ein Schattendasein. Der Trend geht zwar nach oben, auch seit Beitritt der Stadt Dortmund zur Arbeitsgemeinschaft fahrradfreundliche Städte in NRW im Jahr 2007, aber Investitionen in geeignete Infrastruktur sind nach wie vor zu selten und zu punktuell. Mit dem „Radschnellweg Ruhr" sollen Stadtgrenzen überwunden werden, soll das Ruhrgebiet als eine Region auftreten und die Bedeutung des Radverkehrs insgesamt unterstrichen und gefördert werden. Die NRW-Landesregierung kann sich bereits auch in anderen Regionen des Landes Radschnellwege vorstellen.

Im Dezember 2011 wurde eine vom Regionalverband Ruhr (RVR) in Auftrag gegebene Konzeptstudie durch die Dortmunder Planersocietät fertig gestellt. Mehr als eine Million Einwohner, über 430.000 Erwerbstätige und etwa 120.000 Studierende könnten mit einem qualitativ hochwertigen Radweg zwischen Duisburg und Hamm erschlossen werden. In Dortmund könnten so Universität und Technologiezentrum, die Innenstadt sowie Westfalenhallen, Signal-Iduna-Park und Westfalenpark gut erreichbar angebunden werden. Erfolge mit vergleichbaren Projekten gibt es beispielsweise in den Niederlanden, in Dänemark, in Großbritannien und in Abwandlungen sogar in den USA und Kanada.

Besondere Qualität

Wichtig ist die Einhaltung besonderer Qualitätskriterien: Direktheit, Breite, Belag, Trennung vom Fußverkehr, Beschilderung/Markierung und Beleuchtung. Nur so kann ein Radschnellweg tatsächlich eine hohe Bedeutung im ganzjährigen Alltagsradverkehr bekommen und das umfangreiche, vorhandene Radverkehrsnetz um wichtige Direktverbindungen ergänzen. Zwischen Mülheim a. d. Ruhr und Essen entsteht bereits ein Radweg auf der Trasse der stillgelegten Rheinischen Bahn, der diesen Qualitätsanforderungen weitgehend gerecht wird.

Die öffentliche Diskussion (in Dortmund) erregte sich schnell an möglichen Kosten sowie Zweifeln an der Notwendigkeit des Projekts. Dabei gibt es bisher noch gar keine belastbare Kostenschätzung. Grobe Rechnungen landen auf Basis von Erfahrungswerten im Radwegebau bei gut 100 Millionen Euro. Zum Vergleich: der Ausbau der B1/A40 allein im Bereich der Schnettkerbrücke hat ebenso viel gekostet. Der geplante B1-Tunnel wird sogar mit über 250 Millionen Euro veranschlagt. Richtig ist: kaum jemand wird mit dem Rad die gesamte Strecke von Duisburg nach Hamm fahren - ebenso wie nur wenige die komplette A40 mit dem Auto befahren. Auf Teilstücken, etwa aus der Dortmunder oder Bochumer Innenstadt zu Universität und Technologiezentrum oder zwischen benachbarten Stadtteilen und Zentren, ist eine direkte, schnelle Alltagsverbindung aber sehr wohl wichtig. Und auch hier würde eine Umsetzung massive Vorteile bringen! Nicht vergessen werden dürfen dabei allerdings weitere Investitionen in die städtischen Radverkehrsnetze und Radwege, geeignete Abstellanlagen, Verknüpfungen zum öffentlichen Nahverkehr sowie zum Verleihsystem Metropolrad Ruhr.

Ausdrücklich zu begrüßen ist die breite öffentliche Diskussion über den Radverkehr, die alleine durch die Konzeptstudie angestoßen wurde. Das Ruhrgebiet muss sich dabei über Stadtgrenzen hinweg als fahrradfreundliche Region positionieren und eine Vorreiterrolle auch für andere Regionen einnehmen. Der nächste Schritt beginnt nun mit dem Auftrag für eine Machbarkeitsstudie, die konkrete Trassenführungen untersucht und deren Realisierbarkeit beurteilt. Hierzu werden im Frühjahr 2013 Ergebnisse erwartet.


Diskussionsveranstaltung

Der VCD-Kreisverband Dortmund-Unna und die Pro-Bahn-Ortsgruppe Dortmund werden, gemeinsam mit anderen Umweltverbänden Dortmunds, das Thema und die nächsten Schritte weiter interessiert und bei Bedarf auch kritisch begleiten. Dazu wird im Frühjahr eine öffentliche Diskussionsveranstaltung geplant, zu der Vertreter der Stadt Dortmund, der Wissenschaft sowie der beteiligten Verbände eingeladen werden. Öffentlich soll über Ansprüche an die Trassenführung sowie mögliche Trassenkorridore mit Wünschen und (potenziellen) Konflikten diskutiert werden.

Gleichzeitig sollte insgesamt ein modernes Konzept gewählt werden, in dem auch über verträgliche Beeinträchtigungen des Autoverkehrs statt aufwändiger und schwer finanzierbarer Brücken und Tunnel gesprochen wird. Ansonsten erscheint eine Realisierung des Gesamtprojekts auf absehbare Zeit schwierig. Gerade der Bereich Dortmund erweist sich hier als kritisch, da auf keine vorhandene Trasse oder brachliegende Bahnstrecken zurückgegriffen werden kann.

Radverkehrsförderung bleibt zweifelsohne mehr als der Bau eines Radschnellwegs - auf diesen verzichten sollte man deshalb aber nicht! Wir laden deshalb alle Interessierten herzlich zur Beteiligung an den weiteren Diskussionen ein und freuen uns auf viele Ideen.            

Christian Lamker

Stand: 31.10.2012
     
   
 
Contenido Forum